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Rckblick

Bildungsfahrt 2016
Von Ansbach bis Zeppelin

vorwort

Vor einigen Jahren entschieden wir uns, eine erste Bildungsfahrt zur Geschichte des
Nationalsozialismus zu unternehmen. Damals, vor mehr als 10
Jahren, fuhren wir in die polnische Gemeinde Walim und lernten von dort aus Orte wie Gro
Rosen oder Auschwitz kennen.
In den folgenden Jahren kamen
dann Reisen in die Slowakei,
nach Italien, Slowenien, Spanien, Griechenland und Frankreich hinzu. Wir besuchten dabei
viele Pltze, die einen Bezug zu
Faschismus und Nationalsozialismus hatten. Genauso wichtig waren aber auch die Treffen
mit Menschen vor Ort. Es waren
Zeitzeug_innen und Engagierte,
die sich der Erinnerungsarbeit
verschrieben haben. So fiel unsere Wahl in diesem Jahr auf
die Bodensee-Region. Denn hier
leben mit Antje Hugle und Herbert Meinl zwei Freiwillige des
Maximilian-Kolbe-Werkes,
die
wir seit ber 10 Jahren kennen.
In vielen gemeinsamen Projekten trafen wir osteuropische
berlebende der deutschen Konzentrationslager. Im letzten Jahr
untersttzten sie dann eine Veranstaltungsreihe in Pirna.

Auch in diesem Jahr mchten wir uns bei all denen bedanken, die vor Ort in den vielen
regionalen
Gedenkinitiativen
aktiv sind und all jenen, die diese Arbeit in unterschiedlichen
Formen untersttzen. Ohne sie
wre dieses Engagement kaum
mglich und auch unsere Fahrt
nicht zustande gekommen.

4. Juni 2016
fahrt nach ansbach

Unsere Reise begann an einem verregneten Samstagmorgen in der Nhe von Pirna. Wir
trafen uns am Gedenkstein fr
die KZ-Opfer am Haltepunkt
Dresden-Zschachwitz. Da es an
diesem Ort selbst keine weiteren
Informationen zu den Ereignissen rund um das Flossenbrger
Auenlager gibt, gestaltete das
AKuBiZ vor einigen Jahren ein
Faltblatt dazu.

Nach rund 4 Stunden erreichten wir die frnkische


Stadt Ansbach, in der wir unseren ersten Stadtrundgang unternahmen. Gefhrt wurden wir dabei von Alexander Biernoth, dem
Vorsitzenden des Frankenbundes e. V., er zeigte uns die in diesem Jahr verlegten Stolpersteine, die an die jdischen Familien
Aal und Weissmann erinnern. In
Kooperation mit der Stadt Ans-

bach konnten so bisher schon


fast 50 Steine verlegt werden.
Als Abschluss unserer Runde
besuchten wir die ehemalige Synagoge, in der heute keine Gottesdienste mehr abgehalten werden auch weil es keine jdische
Gemeinde mehr in Ansbach gibt.
Sie wird aber noch Besucher_innen geffnet.

Die Ausstellung ber ermordete Jd_innen der Region


erinnert auch an Johann Flink
Er wurde am 21. Januar 1885 geboren und starb am 29. Oktober
1940 in der Euthanasieanstalt
Pirna-Sonnenstein.

Nach diesem interessanten


Rundgang setzten wir unsere
Fahrt fort, die nach weiteren drei
Stunden in Tettnang am Bodensee endete. Von hier aus starteten wir die Ausflge an den folgenden Tagen.

5. Juni 2016
fahrt nach radolfzell

Eine eineinhalb stndige


Fahrt brachte uns in die Nhe
der Stadt Radolfzell. Bevor wir
aber dort unsere Stadtfhrung
antraten, spazierten wir wenige
Kilometer entfernt zum Mindelsee. In Radolfzell trafen wir uns
dann mit Kolleg_innen der Initiative Offenes Gedenken an
der ehemaligen SS-Kaserne. Die
Unterfhrerschule bildete von
Februar 1941 bis April 1945 tausende SS-Leute aus. Die Kolleg_
innen berichteten ber die geschichtlichen Hintergrnde des
Ortes, sowie ber die Auseinandersetzungen um die dortige
Erinnerung. Unverstndnis u-

erten sie vor allem ber die Gestaltung der Stelen eines von der
Stadt initiierten Kunstwerks,
welche nicht nur den NS-Opfern
gedenken, sondern gleichzeitig
auch ber die sptere Nutzung
der Anlage durch die franzsische Armee und die heutige Verwendung als Innovationszentrum informieren.
Etwa drei Kilometer weiter
besichtigten wir dann den SSSchiestand, an dem es heute
zwei Gedenkzeichen gibt. Viele
Jahre erinnerten lediglich die Betonwnde an die Geschehnisse,
allerdings ohne in einen histori-

schen Kontext eingebettet gewesen zu sein. Nun weist eine Informationstafel darauf hin, dass
der Schiestand durch KZ-Hftlinge gebaut wurde. Tonaufnahmen untersttzten die Erzhlungen unserer beiden Guides.

Engagierten sich frher Organisationen wie die HIAG, ist es


heute der 3. Weg. Auch Rassist_
innen und Geschichtsrevisionist_innen aus der Schweiz sind
bereits zu solchen Veranstaltungen angereist. Auf der Rckreise
besuchten wir dann noch den
KZ-Friedhof Birnau auf dem 97
Zwangsarbeiter_innen des berlinger Stollens begraben sind. Er
befindet sich direkt an der Bundesstrae 31 und wurde dort
von franzsischen Alliierten angelegt. Aktuell ist eine Umgestaltung des Friedhofs geplant. So
sollen die bisherigen Grabsteinkreuze ersetzt und den Grbern
die Namen der Toten zugeordnet
werden.

Beispielsweise ber die Flucht


von zwei Insassen, die ber den
Am Abend trafen wir dann
Bodensee in die Schweiz fliehen noch Antje Hugle und Herbert
konnten.
Meindl, die seit ber 15 Jahren
als Freiwillige im MaximilianUnser letzter Informations- Kolbe-Werk aktiv sind. Dort bepunkt war dann das Denkmal an treuen sie KZ- und Ghetto-berdie Gefallenen Shne der Stadt lebende aus Osteuropa.
Radolfzell. Hier wird auch heute noch mehreren SS-Mnnern
gedacht, unter anderem dem
Kommandanten der Kaserne.
Dies ruft seit vielen Jahren auch
Neonazi-Gruppen auf den Plan.

6. Juni 2016
fahrt nach grafeneck

Den ersten Stopp am heutigen Tage unternahmen wir in


Bad Buchau, einer Stadt mit interessanter jdischer Geschichte. Diese kann auf eigene Faust
erkundet werden, da die TouristInformation ausreichend Material bietet. Also machten wir uns
auf die Suche und besichtigten
die Pltze der ehemaligen Synagogen oder bekannter Familien,
wie der von Hermann Einstein,
des Vaters von Albert Einstein.

Sie lebte seit ber 300 Jahren in


Bad Buchau. Zufllig trafen wir
einen lteren Herren, der uns die
Tr zu seinem Haus ffnete. Innen befand sich eine Art kleines
Museum ber die jdische Familie Eugen Dreyfus ...

Weiter ging unsere Fahrt


noch etwa eine Stunde nach Grafeneck. Die dortige Gedenksttte
beherbergt ein Dokumentationszentrum zu den Euthanasieverbrechen von 1940. Allein in
den 12 Monaten ihrer Existenz
wurden ber 10.000 Menschen
in dieser Anstalt vergast. Wie
auch
Pirna-Sonnenstein
gehrte Grafeneck zu den groen
Einrichtungen der Aktion T4.
Die Gedenksttte Grafeneck be-

herbergt erst seit 2005 ein eigenes Dokumentationszentrum.


Durch dieses fhrte uns Herr
Dr. Wild, ehrenamtlicher Guide
und Bildungsreferent. Derzeit
modelliert ein Knstler Terrakotta-Figuren in Erinnerung an
die Ermordeten. Die ber 10.000
Plastiken knnen dann erworben
werden und sollen Botschafter
fr ein friedliches Zusammenleben von Menschen mit unterschiedlichen Voraussetzungen
und Lebensentwrfen werden.

7. Juni 2016
fahrt nach
friedrichshafen

Am Morgen trafen wir neben den Freund_innen vom Maximilian-Kolbe-Werk auch die
Historikerin Christa Tholander.
Mit ihr besuchten wir den Friedhof der sowjetischen Zwangsarbeiter_innen. Sie erzhlte zwei
Biografien und berichtete ber
die Widerstnde, mit denen sie
zu kmpfen hat. Noch heute enthalten die Grber lediglich Nummern und das, obwohl die meisten der Namen bekannt sind. Im
Anschluss fuhren wir zum ehemaligen Lager der Zwangsarbei-

ter_innen, die fr groe Firmen


wie Dornier oder Zeppelin arbeiten mussten. Bis auf zwei kleine
Tafeln gibt es auch hier keine Erinnerung mehr.
Frau Tholander las aus
Briefen und Berichten von Zeitzeug_innen und gab uns so einen
interessanten berblick ber
die Geschehnisse. Viele Menschen hat sie selbst besucht und
interviewt und ist daher eine
echte Bereicherung fr die Gedenkarbeit der Region. Dies sa-

hen auch die lokalen Zeitungen


Sdkurier und Schwbische
Zeitung, die unsere Gruppe besuchten. Zum Mittag kam dann
ein weiterer Engagierter hinzu. Herr Rieg ist Experte fr die
ehemalige Versuchssttte fr
die so genannte V2-Rakete. Mit
ihm besuchten wir das im Wald
gelegene ehemalige Gelnde zur
Produktion dieser Raketen, welche von Peenemnde aus Richtung Grobritannien gestartet
wurden.

8. Juni 2016
fahrt nach berlingen

Zu einer spannenden Fhrung durch den Goldbacher Stollen lud die Dokumentationssttte berlingen ein. Wir trafen uns
dazu am Stolleneingang und hrten an verschiedenen Stationen
Geschichten von Oswald Brger,
dem Vorsitzenden des Vereins.
Er begann mit den Luftangriffen
auf die Friedrichshafener Industrie und dem damit verbundenen
Plan der Untertagelegung dieser.
Zur Umsetzung wurden rund

800 Hftlinge aus dem KZ Dachau an den Bodensee verlegt. Bei


den gefhrlichen Arbeiten starb
eine Vielzahl von Zwangsarbeiter_innen, eine Liste nennt die
Namen von 222 Personen.
Diese Bedingungen sorgten
fr Fluchtplne bei einigen Hftlingen, es gelang allerdings nur
einmal. Der sterreicher Adam
Puntschart und der Ukrainer
Wassiliy Sklarenko flohen in der

Nacht vom 21. auf den 22. Mrz Ansinnen, London und Paris aus
1945 in die Schweiz. Beide sahen der Luft zu zerstren, was er mit
sich nach ihrer Flucht nie wieder. Hilfe der Luftschiffe umsetzen
wollte.
Oswald Brger ging auch
auf die Geschichte der Zeppelinherstellung ein, die entgegen
der vermeintlichen Wahrnehmung des Zwecks als Transportmittel oder Medium des Freizeitvergngens anfangs rein
militrischen Zwecken gedient
hatte: Graf Zeppelin hatte das

9. Juni 2016
fahrt nach salem

Der heutige Tag stand zur


optionalen Verfgung und wir
entschieden uns, ihn in Salem zu
verbringen. Die Stadt beherbergt
die bekannten Salemer-Schulen.
Gegrndet wurden sie durch den
jdischen Pdagogen Kurt Hahn.
Wegen seiner Weigerung sich
der faschistischen Bildung anzuschlieen, kam er Anfang Mrz
in berlingen in Schutzhaft.
Nach Haftentlassung konnte er
im Juli nach Schottland emig-

rieren. Dort fhrt er einen publizistischen Kampf gegen das


NS-Regime und die Appeasement-Politik.
Unser Ausflug fhrte uns
auch zu der Attraktion, dem Affenberg. Berberaffen sind stark
gefhrdet. Die dort gehaltenen
Berberaffen stehen auf der Roten Liste gefhrdeter Tierarten
(IUCN), weshalb der badische

Standort eine wichtige Funktion hat. Unweit entfernt liegt der


Gehrenberg. Der dortige Aussichtsturm bot uns einen Blick
zum Bodensee und die umliegenden Gemeinden. Nach der anschlieenden Rckfahrt in unsere Unterkunft unternahmen wir
dort eine Fahrt mit einem Lanz
Bulldog aus den 50er-Jahren.
Den Abend verbrachten wir
noch einmal bei den Freiwilligen
des
Maximilian-Kolbe-Werkes.
Antje und Herbert erzhlten uns
von der Arbeit der Hilfsorganisation und von abenteuerreichen Transporten nach Russland, Belarus und in die Ukraine.

10. Juni 2016


fahrt nach bregenz

Am vorletzten Tag unserer


Fahrt machten wir uns auf ins
sterreichische Bregenz. Hier
wanderten wir ber den Pfnder
Hhenweg und konnten fantastische Ausblicke ber den Bodensee und die Alpen genieen. Auf
ber 1000 Meter Hhe gibt es
nicht nur eine Reihe guter Gasthfe, sondern auch einen Wildpark und hin und wieder einen
Blick auf das Zeppelinmuseum
aus Friedrichshafen.
Im Anschluss fuhren wir
noch einmal nach Bregenz, um
den Gedenkweg kennen zu ler-

nen. Dieser wurde im Rahmen


des
Bodensee-Kirchentages
2002 initiiert und gemeinsam
mit der Stadt Bregenz umgesetzt. Insbesondere zeigen am
Gedenkweg verschiedene Tafeln die Biografien unterschiedlicher Personen. Unter ihnen zum
Beispiel die Krankenschwester
Maria Stromberger. Sie meldete sich freiwillig zum Dienst in
Konzentrationslager Auschwitz,
um dort den Haftlingen zu helfen. Erinnert wird auch an den
Gitarrenbauer Ernst Volkmann.
Als Volkmann zur Wehrmacht

eingezogen wurde, verweigerte er den Eid auf den Fuhrer, da


die Ableistung des Fahneneides
fur ihn eine Vergewaltigung der
sittlichen Freiheit sei. Darauf hin
wurde er am 7. Juli 1941 zum Tod
verurteilt und am 26. Juli 1941 in
Berlin ermordet.

11. Juni 2016


fahrt nach ulm

Auf der Rckfahrt legten wir


noch einen wichtigen Halt ein
und zwar im Dokumentationszentrum auf dem Oberen Kuhberg in Ulm. Hier befand sich von
November 1933 bis Juli 1935 ein
Konzentrationslager des Landes
Wrttemberg. Heute befindet
sich am historischen Ort, der
im baulichen Originalzustand
erhalten ist, eine Gedenksttte
mit zahlreichen Bildungsangeboten. Das Dokumentationszent-

rum Oberer Kuhberg wird heute


als Forschungs-, Lern- und Bildungszentrum genutzt.
Frher gehrte zu den sogenannten Frhen Konzentrationslagern, d.h. Zweck des Lagers
war nicht wie in den spteren
KZ die Auslschung jdischen
Lebens und auch nicht primr
die Ausbeutung der Arbeitskraft
der Hftlinge fr die Kriegsproduktion, sondern die Einschchterung von und der individuelle

Terror an politischen Gegnern


des Nationalsozialismus. Auch
waren dort nach den Ereignissen um die Entmachtung der SA
und der Ermordung ihrer Fhrungsspitze (Juni August 1934)
ehemalige Wegbereiter des NSRegimes inhaftiert.
Zu den berhmtesten Persnlichkeiten zhlten der sptere Parteivorsitzende der SPD,
Kurt Schuhmacher, sowie der
Kommunist Alfred Haag, des-

sen Frau Lina das biographische


Werk Eine Hand voll Staub
verfasst hat. Durch aus privater
Hand dem Archiv bergebene
Fotographien von Weihnachtsfeiern des Wachpersonals, konnten wir einen kurzen Blick auch
auf das Leben der Tter werfen.

DANKE.

KONTAKT

Wir bedanken uns bei allen Spender_innen, die unsere Bildungsreise ermglicht haben:

Sarah Buddeberg

(MdB DIE LINKE)

Henning Homann

Kirchgasse 2
01796 Pirna-Altstadt

Katja Kipping

Telefon +49(0)157 87651920


E-Mail kontakt@akubiz.de

Daniela Kolbe

www.akubiz.de

(MdB SPD)

(MdB DIE LINKE)


(MdB SPD)

Caren Lay

(MdB DIE LINKE)

Claudia Maicher

(BNDNIS 90/DIE GRNEN)

Falk Neubert

(MdB DIE LINKE)

Sonja Pick
Jana Pinka

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auf Sponsoren, Frderer und Spendengelder angewiesen. Wir wrden
uns freuen, wenn Sie unsere Arbeit
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(MdB DIE LINKE)

Volkmar Zschocke

(BNDNIS 90/DIE GRNEN)

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